Bild von Ziegen auf einer Weide, im Hintergrund ein Wald

Waldweide

Die Brandherde – integrative Waldbrandvorsorge.

Durch den gezielten Einsatz von Nutztieren lässt sich bodennahe Vegetation kurz halten und eine Ausbreitung von Wald- und Flurbränden vermeiden. Durch Beweidung können Pufferzonen um Ortschaften und strategische Schutzstreifen gestaltet werden, die den Anwohnern Sicherheit vor drohenden Waldbränden bieten. Gleichzeitig entstehen durch Waldweide umweltschonende, artenreiche Übergangsbereiche verschiedener Landschaftstypen.

Hintergründe

Bereits seit den 1970er Jahren wurde von israelischen und französischen Wissenschaftlern erkannt, dass zwischen dem Rückgang der traditionellen Haltung von Schafen und Ziegen und den immer verheerenderen Waldbränden im Mittelmeerraum ein Zusammenhang besteht. Beim Hüten der Tiere wurden regelmäßig große Gebiete abgeweidet und in Hinblick auf die Ausbreitung von Feuer fragmentiert, so dass sich Landschaftsbrände nicht großflächig ausbreiten konnten. Im Wald selbst wurde die Bodenvegetation und damit die Brandlast deutlich reduziert. So wurde dem Feuer die Grundlage für die Entstehung schwer kontrollierbarer und großer Brände entzogen. Mittlerweile werden in vielen Ländern im Mittelmeerraum, Kalifornien und Neuseeland gezielt Nutz- oder Wildtiere eingesetzt, um diese Strategie zu verfolgen. In Deutschland gibt es Waldweideprojekte aus naturschutzfachlichen Gründen, die sehr gut wissenschaftlich begleitet und dokumentiert wurden. Der Zusammenhang zwischen Beweidung und Waldbrandprävention bleibt hier jedoch weitestgehend unbeachtet. Der Feuerökologe Prof. Dr. Goldammer weist seit vielen Jahren auf die Möglichkeit hin, auch in Deutschland Beweidung zum vorbeugenden Brandschutz anzuwenden. Die Methode ist in Waldbrandländern erprobt und gilt in Deutschland als innovativ, obwohl Waldweide auch bei uns über Jahrhunderte lang praktiziert wurde. Sie ist eine der ältesten landwirtschaftlichen Nutzungsformen der Menschheit.

Interdisziplinäre Grundlagen

Wald

Die Disskusion zwischen wirtschaftlichen Interessen, Ökologen und Klimawandel trifft besonders in Brandenburgs Wäldern kontrovers aufeinander. Waldbrandvorsorge ist mehr als Wald-, Natur- oder Klimaschutz. Das höchste Ziel ist der Schutz des Menschenleben.

Tiere

Neben der Lebensmittelerzeugung erbringen Tiere auch herausragende Leistungen in der Landschaftspflege. Entsprechend groß sollte ihre Wertschätzung und der Respekt vor ihnen sein. Tiere sind keine lebenden Rasenmäher, sondern Wesen mit Gefühlen und Bedürfnissen, die nur durch ausreichende fachliche Kenntnis angemessen erfüllt werden können.

Feuer

In Deutschland können wir auf Jahrzehnte lange Forschung der Feuerökologie und auf eine jahrhundertlange Forstwissenschaft zurückgreifen. In der Praxis können wir uns an erfahrenen Ländern orientieren. Wir müssen nicht auf den Regen warten, um mit Waldbränden klarzukommen.

Fokus Brandenburg

Bei der Debatte über Waldbrandprävention in Brandenburg muss deutlich gemacht werden, dass Waldbrandschutz nicht nur Natur-, Wald- oder Klimaschutz ist, sondern vor allem Bevölkerungsschutz. Waldbrände stellen eine direkte Gefahr für den Menschen dar! In Brandenburg gibt es Waldsiedlungen, die sich exponiert in ausgedehnten Kiefernwäldern befinden und das Wohl der Menschen durch Waldbrände potenziell gefährdet ist.
Infografik Beweidung fördert Artenvielfalt

Brand- und Naturschutz schließen sich nicht unmittelbar aus, doch werden Ansätze der Waldbrandprävention in einigen Fällen durch ein hohes Maß an (vermeintlichem) Waldschutz in Brandenburger Kiefernwäldern eingeschränkt. So wird die Technik, Nutztiere gezielt zur Waldbrandprävention einzusetzen, in Waldbrandländern im Mittelmeerraum angewendet, erforscht und gefördert. In Deutschland ist eine solche Form der Waldweide aufgrund historischer Erfahrungen in der Forstwirtschaft umstritten. Waldweide führt nicht zwangsläufig zu einem ökologischen Schaden für den Wald. Besonders in Deutschland erfährt Beweidung zurzeit eine Wiederentdeckung zur Schaffung artenreicher Biotope. (Naturschutzfonds Brandenburg, EU-Life Projekt Trockenrasen)

Brandherde soll ein konstruktiver Beitrag zur Waldbrandvorsorge sein, der zeigen soll, wie gefährdete Siedlungen vor Waldbränden geschützt und gleichzeitig positive Nebeneffekte auf die Biodiversität in Kiefernwäldern erzielt werden können.

Durch die Reduzierung der bodennahen Vegetation durch die Tiere, ist im Falle eines Feuers weniger Brennstoff vorhanden, die vertikale Kontinuität der Vegetation vom Boden in die Kronen wird unterbrochen und es kommt seltener zur Entstehung gefährlicher Vollfeuer. Bodenmaterial wird durch den Tritt der Tiere am Boden verteilt oder eingearbeitet, wodurch die Humusbildung angeregt und Feuer flach gehalten wird. Allerdings bedeutet nicht jede Form der Beweidung automatisch Waldbrandschutz! Der Einsatz muss strategisch und gezielt auf Waldbrandvorsorge ausgerichtet sein. Dabei wird auf innovative Beweidungssysteme aus der Landwirtschaft zurückgegriffen.

Die aktuellen Klimaveränderungen bedeuten für das Feuermanagement auch in Brandenburg ein erhöhtes Waldbrandrisiko und vor allem die Entstehung solcher Vollfeuer. Durch die Transition trockener und warmer Klimate in den globalen Norden treffen Wetterextreme wie lange Trockenperioden auf vegetationsreiche Landschaften. Der Wald in Deutschland ist nicht an solche Klimate angepasst, das Entzündungsrisiko durch vertrocknete Vegetation in Bodennähe wird erhöht. Bäume werfen unter Trockenstress Blätter und vertrocknetes Material ab, es entsteht Totholz. Auch die Stratifikation in Kiefernwäldern verändert sich. Durch erhöhte Temperaturen und eine damit verbundene höhere Stickstoffzufuhr aus der Luft, hauptsächlich verursacht durch intensive Landwirtschaft, wird die Entwicklung der Grasflora in den Wäldern zusätzlich begünstigt. Durch Waldweide würde das Gras kurzgehalten und stellenweise durch die Tiere aufgebrochen, so dass Samen anderer Pflanzen in den Boden gelangen können.

Interdisziplinär: Feuerökologie – Forstwissenschaft – Landwirtschaft – Naturschutz

Das Konzept wurde auf Basis der drei Wissenschaftsgebiete der Feuerökologie, Forstwissenschaft und Landwirtschaft entwickelt. Durch eine konkrete Standortanalyse mit Aspekten aus allen drei Teilbereichen werden sensible Bereiche im Wald vor schadhafter Wirkung durch Nutztiere respektiert und andererseits Risikogebiete, von denen eine direkte Gefahr für Menschen durch Waldbrände ausgeht, hervorgehoben. Genauso wichtig ist die Eignung der Fläche für eine Beweidung aus Sicht des Tiermanagements, um eine entsprechende Infrastruktur zum Tierwohl gewährleisten zu können. Ziel ist es auch integrative Waldbrandprävention mit einem ökologischen Mehrwert durch die Steigerung der Biodiversität mit Beweidung zu erreichen.

Risikogebiete sind vor allem der siedlungsnahe Raum, d.h. siedlungsnahe Waldbereiche. Bestehende Waldbrandpräventionsmaßnahmen für den Schutz von Menschen und Siedlungen sind, falls vorhanden, unter den veränderten klimatischen Bedingungen, oft nicht mehr ausreichend. Der siedlungsnahe Raum steht als „Wildland-Urban-Interface“ im Fokus der internationalen Forschung zum Schutz der Bevölkerung vor Waldbränden.

Ziege isst Brombeerstrauch

Anwendungsbereich von Nutztieren zur Waldbrandprävention

Beweidung kann strategisch als Waldbrandschutz in unterschiedlichen Bereichen der Landschaft angewendet werden. Schutzstreifen und anderen bereits bestehenden Waldbrandpräventionsmaßnahmen müssen dauerhaft gepflegt werden, damit sie ihre Funktion erfüllen.  Nutztieren können eine kostengünstige Alternative zu der aufwendigen mechanischen Bearbeitung der Flächen bedeuten.

Pufferzonen

Durch Waldbrand gefährdete Siedlungen sind in Brandenburg kein Einzelfall. Neben Waldsiedlungen, in denen bis heute neue Häuser auch aus Holz gebaut werden, gibt es Campingplätze und Ortsrandlagen, die potenziell bei einem Waldbrand in Gefahr sind.

Eine Pufferzone gegen das Feuer um Orte herum, die durch weidende Nutztiere angelegt und freigehalten wird, sorgen in kritischen Situationen eines Waldbrandes für viel Sicherheit der Einwohner. Die Kontinuität des Brennmaterials wird zum Ortsrand unterbrochen. Das Brandverhalten wird für Einsatzkräfte kontrollierbar.

Als präventive Maßnahme, könnte die Gestaltung von Weideflächen mit aufgelichtetem Baumbestand und integrierter Waldweide zu einer weniger drastischen und ökologisch wertvolleren Alternative zu baumfreien Waldbrandschneisen gestaltet werden, um effektiv die Intensität des Feuers bis zum Ortsrand deutlich abzuschwächen.

Der Schutz vor Waldbränden kann durch eine klare Trennung von Wald und Ortschaft durch eine strategisch angelegte Pufferzone erzielt werden (vgl. Creation of Fire Buffer Zones in GFMC, 2013, S.15). Die Pufferzone in der Umgebung einer Siedlung, die schemenhaft in der Abbildung dargestellt ist, hat drei Ziele:
Die Schutzstreifen erstrecken sich wie ein grünes Band um die Ortschaft (Peripherie) und bestehen aus drei Teilbereichen:
Diese Aufteilung entspricht sowohl
Eine enge Zusammenarbeit zwischen Forst- und Landwirtschaft ist hier genauso notwendig wie aus naturschutzfachlicher Sicht das Zusammenführen von Wald und Weide, statt einer scharfen Trennung der Biotope. Nicht zuletzt ist eine jahrhundertlange Waldforschung in Deutschland und ein umfassendes Wissen über artgerechte und extensive Tierhaltung, die viel Akzeptanz in der Gesellschaft genießt, die beste Voraussetzung waldbrandresistente, artenreiche Lebensräume in Brandenburg zu gestalten.
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